Nach dem 11. September 2001

Die Ursachen des Terrorismus und Wege, sie zu beseitigen

 

Gregor Paul, Universität Karlsruhe, 02. Dezember 2001

1 Der Afghanistan-Krieg wird unter anderem mit der Behauptung gerechtfertigt, dass es zu ihm keine Alternative gegeben habe und gebe. Terrorismus, wie ihn der mutmaßliche Drahtzieher der Anschläge vom 11. September 2001, Bin Laden, und dessen Organisation Al Qaida ausübten, verlange eine militärische Antwort. Solch ein Terrorismus sei nur durch Kriege wie den Afghanistan-Krieg zu treffen und schließlich auszurotten. Im Folgenden geht es mir darum zu zeigen, wie fragwürdig diese Behauptung ist. Zu diesem Zweck nenne ich wichtige Ursachen des Terrorismus, und insbesondere des islamistischen Terrorismus, und gehe Punkt für Punkt der Frage nach, inwieweit ein Krieg wie der Afghanistan-Krieg tatsächlich geeignet ist, derartige Ursachen zu eliminieren.

2 Ist in einem Staat religiöser Glaube wichtiger als säkulare Gesetzgebung und Gesetzmäßigkeit, so ist dieser Staat eine potentielle Quelle der Unmenschlichkeit. Pointiert formuliert, heißt dies, dass nicht-säkulare Staaten eine potentielle Quelle inakzeptabler Gewalt, einschließlich terroristischer Aktionen sind. Systematisch gesehen, ist die Friedfertigkeit nicht-säkularer Staaten inkonsistenter Zufall.

Terrorismus auszuräumen, verlangt also (auch), es unmöglich zu machen, dass ein Mensch unter Berufung auf „seinen Gott" andere tötet bzw. töten darf oder gar töten soll. Erst recht verlangt dieses Ziel, entsprechende Staats- und Regierungsformen in säkulare Formen zu transformieren. Will man dies Ziel mit militärischen Mitteln erreichen, so verlangte das jedenfalls massive Einsätze. Doch selbst dann wäre der Erfolg zweifelhaft. Falls überhaupt, wäre er nur im Laufe von Generationen zu erreichen. Wenn aber der Erfolg militärischer Unternehmungen zweifelhaft ist und, falls überhaupt, erst nach Jahrzehnten eintritt, dann besteht auch die Möglichkeit, über eine langfristig orientierte und von vorn herein auf Nachhaltigkeit angelegte zivile Politik zu wirken. Das heißt insbesondere, über Entwicklungshilfen und auswärtige Kulturpolitik zu wirken. Im Falle Deutschlands bedeutete das zum Beispiel, Zahl und Stellung der Goethe-Institute zu erweitern bzw. zu stärken, schulische und akademische Austauschprogramme zu erweitern, potentiellen Mitgliedern der Führungsschicht nicht-säkularer Staaten Ausbildungsmöglichkeiten in der Bundesrepublik anzubieten, jungen Politikern solcher Staaten „Praktika" in der Bundesrepublik zu offerieren und so fort.

Säkulare muslimische Staaten wie die Türkei und säkulare muslimische Strömungen in anderen muslimischen Staaten müssten in einer Weise unterstützt werden, die bei den Regierenden dieser Staaten keinen Verdacht erregt.

In der Innenpolitik müssten muslimische Gruppen christlichen Gruppen gleichgestellt werden. Dies ist nicht nur deshalb unumgänglich, weil man sich nicht dem Vorwurf doppelter Moral, doppelter Standards und politisch-moralischer Unglaubwürdigkeit aussetzen darf. So ließe sich auch demonstrieren, dass ein integrer überzeugender Islam auch unter den Bedingungen der Säkularität möglich ist.

3 Totalitarismus, Indoktrination, Einschüchterung, Gleichschaltung, kurz: eine „Erziehung" und Kontrolle der Jugend, die ihr so gut wie jede Möglichkeit nimmt, eigene Meinungen zu entwickeln oder zu äußern, und zu kritischen, moralisch autonomen Persönlichkeiten heranzuwachsen, ist eine potentielle Quelle des Terrorismus. Das zeigen vor allem extreme Beispiele. Hitlerjungen, FDJ-ler, Palästinenserjungen, die von Staat, Schule, Eltern, öffentlichen Medien und in der Tat von jeder Seite immer nur das Eine hörten und lernten – dass nämlich Wahrheit und Recht so und so aussähen und dass es keinerlei anderslautende Auffassungen und Gesichtspunkte gebe – und die nichts als die „Schönheit" und „den Reiz" von Uniformen, Jugendlagern, Schießübungen und Märtyrertum kennen lernten, konnten kaum anders, als zu Verbrechern an „Fremden" und Andersdenkenden zu werden.

Im Allgemeinen bleibt es in solchen Extremfällen auch nicht bei einer „Erziehung" zur alternativlosen Affirmation. Zusätzlich werden Lehrstücke wie die vermittelt, dass man zum Verräter am „eigenen Volk" oder „eigenen Staat", am „Führer", am Glauben usf. werde, wenn man sich nicht uneingeschränkt und fraglos affirmativ verhalte.

Das heißt, grob gesagt, dass derartige Indoktrination auch sehr spezifische, ethisch problematische Werte und Normen als höchste Normen ausgibt.

Erneut gilt, dass militärischer Einsatz – falls überhaupt – erst nach langer Zeit zum Erfolg führt. Wie will man die Verantwortlichen einer Welt, die eine fanatisierte und hasserfüllte Jugend auf ihrer Seite hat, in kriegerischen Operationen eliminieren, ohne auch diese Jugend zu vernichten oder in ihrem Hass zu bestärken? Und wenn man tatsächlich gewaltsam die Macht übernähme, müsste man ein, zwei Generationen zwangsweise „umerziehen".

Erziehung zur Meinungsfreiheit ist deshalb „ein Muss". Erziehung zu systematischer Skepsis, systematischer Prüfung ist „ein Muss". Und sie ist nicht über Mittel wie „westliche" Propaganda zu erreichen. Vielmehr gilt erneut, dass vor allem entwicklungspolitische und kulturpolitische Mittel einzusetzen sind.

4 Was immer ein Politiker wie Sadam Hussein sonst sein mag: Er ist jedenfalls ein Verbrecher. Zurückhaltend gesagt, erlag und erliegt Hussein wie so viele den Versuchungen der Macht. Ohne Gewaltenteilung und Gewaltenkontrolle, d.h. ohne Institutionen, die Machtmissbrach so weit wie nur möglich verhindern, sind Frieden und Menschlichkeit nicht zu sichern. Letztlich läuft diese Feststellung auf die bekannte Einsicht hinaus, dass eine entsprechend institutionalisierte demokratische Ordnung unumgänglich ist. Sie ist auch notwendige Bedingung für jede Elimination des Terrorismus.

Auch die Ablösung eines totalitären Systems durch eine (Gewaltenteilung realisierende) Demokratie ist ein langwieriger Prozess. So gilt auch in diesem Zusammenhang, dass von vorn herein auf langfristig und nachhaltig wirksame zivile Strategien statt auf Bombardements und langjährige militärische Kontrolle zu setzen wäre.

5 Bewaffnete Gruppen wie die ETA, IRA, UCK oder die von „warlords" geführten Banden Afghanistans sind potentielle Quellen des Terrorismus. Ein Staat muss das Gewaltmonopol besitzen. Der Westen muss ein für alle Mal darauf verzichten, bewaffnete Banden heranzuzüchten oder zu unterstützen, um kurzfristig und vorläufig machtpolitische Interessen durchzusetzen. Im Übrigen ist dieses Vorgehen ein besonders trauriges Beispiel für die Unaufrichtigkeit, doppelte Moral und Unglaubwürdigkeit „westlicher Menschenrechtspolitik". Es ist potentielle Quelle zusätzlicher militärischer Gewalt. Und es ist in jedem Fall ein äußerst riskantes Verfahren, dass sich angesichts ziviler Alternativen kaum als „kleineres Übel" ausweisen lässt.

6 Die in mancher Hinsicht oft Jahrhunderte alte, häufig durch Hass gekennzeichnete Feindschaft zwischen verschiedenen Ethnien, politischen Einheiten und religiösen Gemeinschaften ist ebenfalls Nährboden terroristischer Aktionen. Allgemeiner gesagt, lässt sich auch von Traditionalismen sprechen, die als Macht der Fakten wirken. Sie sind durch gültige Argumente auszuräumen, doch werden diese Argumente trotz ihrer Gültigkeit zumeist nicht akzeptiert.

Die ungeheuere Wirksamkeit der oft hartnäckig kultivierten Erinnerung an das Unrecht, das einst der eigenen (Volks)gruppe widerfuhr, dokumentieren die Vertriebenenverbände der Bundesrepublik. Fast 60 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs fordern sie noch Wiedergutmachung. Würde man ihren (gewiss raren) extremen Interessen nachgeben, so müsste man gegen die Polen und Tschechen, die im Jahr 2001 im ehemaligen Schlesien und ehemaligen Sudetenland leben, womöglich mit Gewalt vorgehen. Es dauert einfach mehrere Generation, bis ein aus kollektiver Unrechtserfahrung resultierender – und, um es noch einmal zu sagen, von den betroffenen Kollektiven gepflegter – Hass ausgeräumt ist.

Kriege wie der Afghanistan-Krieg sind eher geeignet, die Kette von Gewalt und Gegengewalt, Unmenschlichkeit und unmenschlicher Rache zu verlängern. Sie mögen in dem Sinn erfolgreich sind, dass sie ein Unrechtsregime eliminieren. Doch auch in solch einem Fall können sie nur dann nachhaltige Wirkung zeitigen, wenn Jahre der militärischen Kontrolle folgen – ähnlich, wie es Jahrzehnte brauchte, bis nationalsozialistische Überzeugung in Deutschland so gut wie ausgelöscht war.

Auch die Grenzfragen und die Vertriebenen-Problematik Deutschlands wären noch immer friedensgefährdende Probleme, wenn die Bundesrepublik und die DDR nicht Jahrzehnte lang zu einer bestimmten Form der Friedenspolitik gezwungen worden wären, und dies auch, indem sie militärischem Zwang unterworfen wurden.

So stellt sich erneut die Frage: Warum nicht von vorn herein auf eine entsprechend angelegte zivile Strategie setzen?

7 Zu all diese Ursachen kommen andere, in ihrer Reichweite, ihren Details, ihrer Funktionsweise und Intensität schwer einschätzbare Faktoren. Zu ihnen gehört der Unterschied zwischen arm und reich oder hochentwickelten reichen und unterentwickelten armen Staaten. Dieser Unterschied ist auch ein Aspekt der Unglaubwürdigkeit „westlicher" Politik, die zu wenig Entwicklungshilfe leistet, die eigene Wirtschaft mit protektionistischen Maßnahmen gegen Einfuhren selbst aus armen Ländern „schützt" und die wirtschaftliche Globalisierung als rücksichtslose Umsetzung der share holder value ideology und als digitalen Kapitalismus betreibt.

8 Die problematischste Form der Unglaubwürdigkeit „westlicher" Politik ist ihre Menschenrechts-Politik. (a) „Westliche" Politiker werfen asiatischen, anti-demokratisch eingestellten Politikern zu Recht einen menschenrechtspolitischen Kulturalismus vor, doch die europäischen Menschenrechtserklärungen und die europäische Verfassung haben selbst kulturalistische Züge. (b) Westliche Staaten verletzen selbst Menschenrechte und mitunter gar dieselben Rechte, deren Missachtung sie anderen vorwerfen. So wirft der „Westen" China zu Recht immer wieder mangelnde Bereitschaft zur Demokratisierung und einer entsprechenden Verrechtlichung vor, ließ aber 100 Jahre die Möglichkeit ungenutzt, aus Hongkong eine Musterdemokratie zu machen. Ja, bevor die Rückgabe an China akut wurde, verhinderte man – sprich, das Vereinigte Königreich – sogar, dass sich Hongkong zur Demokratie herausbildete. Problematisch sind auch die in einigen „westlichen" Staaten noch immer übliche Todesstrafe, der dort verbreitete Rassismus und Sexismus und die Einschränkungen des Rechts auf Arbeit. (c) So genannte Menschenrechts-Interventionen richten sich nur gegen entsprechend schwache und/oder die politisch-wirtschaftliche Interessen des Westens gefährdende Staaten. Sie sind deshalb nicht ohne Weiteres Ausdruck einer Menschenrechts-Politik. Ähnlich fragwürdig sind viele, wenn nicht (fast) alle „westlichen" Waffen-Exporte in Länder der dritten Welt und in Entwicklungsländer. Grundsätzlich sind Aufrüstung und Waffenexporte der „westlichen" Staaten kaum geeignet, Vertrauen in deren Menschenrechts-Politik zu wecken.

Die scheinbar naive Frage, warum der Westen, die Nato, die USA Milliarden in Kriege investieren, die wahrscheinlich durch geringere – aber selbstverständlich erhebliche – finanzielle Investitionen in eine profilaktische Menschenrechtspolitik zu vermeiden gewesen wären, muss erlaubt sein. Ist der Krieg die für den Westen letztlich ökonomisch günstigere Lösung, weil er der Waffenindustrie und Schwerindustrie riesige Aufträge verschafft? Wer bezahlt letztlich die Bomben, die die USA werfen? Würden sie die USA selbst bezahlen, um dann die Herstellung neuer Bomben in Auftrag zu geben, so wäre dies wohl eine finanzpolitische Dummheit. Dies Verhalten gliche etwa der Handlung eines Menschen, der etwas wegwirft, um es dann erneut zu kaufen. Zahlen andere Staaten soviel an die USA, dass sie damit faktisch zu Käufern der verbrauchten oder neu georderten Waffen werden? Dass der Westen vergleichsweise wenig und jedenfalls zu wenig Mittel bereitstellt, um in zivilisierter Form Gewalt abzubauen und ihr vorzubeugen, ist jedenfalls nicht zu bestreiten. Ließe sich Profilaxe vielleicht nur finanzieren, wenn der eigenen Bevölkerung erhebliche Opfer und Einschränkungen abverlangt würden?

(d) Die Rede von den Menschenrechten wird auch instrumentalisiert. Sie dient häufig sogar nur der Durchsetzung innen- und außenpolitischer Machtinteressen. (e) Sie ist oft verlogen und heuchlerisch. (f) Doppelte Standards bzw. doppelte Moral dokumentieren westliche Staaten (auch) dann, wenn sie die Menschenrechtsverletzungen des Staates A kritisieren, während sie dieselben Verletzungen im Staat B kommentarlos hinnehmen. Mitunter sind dabei objektive Zwänge im Spiel. Sie sind jedoch nicht geeignet, das Anlegen doppelter Standards zu rechtfertigen. Vielmehr zeigen sie, dass Menschenrechtspolitik wohl kaum konsistent als staatliche Politik durchzuhalten ist und besser weithin Nicht-Regierungsorganisationen überlassen bleiben sollte. So sieht sich die Bundesrepublik Deutschland aufgrund der deutsch-jüdischen Geschichte kaum in der Lage, Folter in Israel zu kritisieren.

(g) Besonders deutlich wurde die Fragwürdigkeit westlicher Menschenrechtspolitik mit dem Afghanistan-Krieg. Zunächst unterstützen Pakistan, die USA und Saudi-Arabien die Taliban und selbst Bin Laden. Sie wollten damit den Kampf gegen die Mudschaheddin (die spätere „Nord-Allianz") fördern. Zuvor hatten die USA die Mudschaheddin im Krieg gegen die Sowjetunion unterstützt. Im Afghanistan-Krieg wiederum stärken die USA erneut die Mudschaheddin, unter ihnen auch solche mutmaßlichen Menschenrechtsverbrecher wie Dostum. Undemokratische, korrupte und Menschen-verachtende Regime wie die Saudis werden weiterhin gestützt. Gleichzeitig werden mutmaßliche Menschenrechtsverbrecher wie Milosevitch verfolgt und vor Gericht gestellt.

Zur Rechtfertigung des Afghanistan-Kriegs führten die USA unter anderem an, dass Staaten, die Terroristen Schutz gewährten, wie die Terroristen selbst zur Rechenschaft gezogen werden müssten. Würde man diese Rechtfertigung akzeptieren, so ergäben sich kaum kalkulierbare Risiken. Wie stünde es um andere Staaten und Gruppen, die Terroristen Bleibe und Schutz gewähren? Sollten nach und nach Syrien, der Irak, der Iran, Somalia oder auch palästinensische Gebiete angegriffen werden? Und wenn nicht, warum nicht, wenn man doch der Meinung ist, sie böten Terroristen Unterschlupf? Oder sollte man auf günstige(re) Gelegenheiten warten? Allein die theoretische Möglichkeit, dass solch eine „Strategie" existiert, zwingt verbrecherische Systeme wie den Irak zu vorbeugenden Maßnahmen. Sogar Saudi-Arabien dürfte längst misstrauisch geworden sein. Und wie steht es um Staaten, die sich das Argument der USA zu eigen machten und dann im Namen des Anti-Terrorismus gewaltsam gegen ethnische Minderheiten und politische „Separatisten" vorgehen? Was, wenn Indien meint, Pakistan angreifen zu dürfen, weil es in Kaschmir aktiven Terroristen Schutz gewähre?

9 Der „Kampf" gegen den Terrorismus verlangt die Eliminierung vieler und zum Teil extrem komplexer Ursachen. Er wird sich über mehrere Generationen erstrecken müssen. Im Wissen um diese Sachverhalte ist er in nachhaltiger und auch deshalb ethisch akzeptabler Weise zu führen. Er verlangt große und spürbare Opfer der reichen Staaten. Am Ende müsste eine Welt demokratischer, die Menschenrechte respektierender Regimes und moralisch gerechtfertigter globaler Wirtschaft stehen, in der die Unterschiede zwischen armen und reichen Staaten minimiert wären: eine neue Welt also. Unschuldige zu Tode zu bomben; mal diese und mal jene Verbrecherclique zu fördern; erkennen zu lassen, dass man seine Feinde lieber tot als lebendig hätte; womöglich die Folter zu rehabilitieren, wie es nach der Frankfurter Rundschau vom 10. November 2001 in den USA im Gespräch ist; zu Lasten der Elenden zu leben und rationaler Diskussion auszuweichen, indem man Propaganda einsetzt – von der Lüge über hohle Rhetorik bis zu Indoktrination und Einschüchterung –, doppelte Standards anzulegen oder Meinungsfreiheit zu unterdrücken, führt vielleicht auch irgendwann zum Erfolg. Aber es ist ein unsicherer und inhumaner, ja ein empörender und verächtlicher Weg.

Es gab und gibt Alternativen: den in der Tat langjährigen, auf langfristige und nachhaltige Wirkung angelegten Kampf gegen den Terrorismus, der selbstverständlich auch auf eine Beseitigung solch unmenschlicher Regime wie der Taliban – aber auch auf eine Beseitigung solcher Regime wie der saudi-arabischen Herrschaft – angelegt wäre.

Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit würde auch solch eine Strategie nicht ohne Gewalt auskommen. Aber sie müsste in entsprechend konzipierten und entsprechend trainierten Formen der Gewalt bestehen. Die „Mittel" dazu wären erst zu schaffen. Vor allem aber müsste „der Westen" seine eigene Menschenrechtspolitik verbessern, und zwar sowohl in den westlichen Staaten selbst als auch gegenüber nicht-westlichen Staaten. Doppelte Standards dürfen nicht länger Maxime von Menschenrechtspolitik sein. Rüstungsindustrie, Waffenexporte, Rassismus, sexuelle Diskriminierung, kultureller Relativismus, minimale „Entwicklungshilfe", wirtschaftlicher Protektionismus gegenüber armen (!) Staaten und vieles mehr wären zu überdenken. Die auswärtige Kulturpolitik wäre zu erweitern und zu stärken. Dies bedeutet nicht, realitätsfernem Idealismus das Wort zu reden. Man darf nichts zugunsten „des Guten" „durchsetzen", wenn man damit faktisch noch größeres Leid schafft, als bereits besteht. Man darf auch nicht auf schnelle radikale Verbesserungen setzen. Vielmehr ist Schritt für Schritt und geduldig vorzugehen. Vor allem aber gilt: Wenn wir schon fähig und bereit sind, Krieg zu führen und entsprechende Opfer zu bringen, dann sollte es uns auch möglich sein, für „das Gute" Opfer zu bringen. Warum nicht dafür argumentieren? Umfassend, detailliert und immer wieder?